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Regenbogengemeinde

Seit 2019 können Gemeinden in der württembergischen Landeskirche die Segnung für gleichgeschlechtliche Paare anbieten. Voraussetzung ist, dass einer entsprechenden Änderung der örtlichen Gottesdienstordnung mindestens 75 % der gewählten Kirchengemeinderäte und mindestens 75 % der Pfarrerstelleninhaber zustimmen.
Am 27. Januar 2023 hat unser Kirchengemeinderat (KGR) in öffentlicher Sitzung und in geheimer Abstimmung beschlossen, den Antrag an den Oberkirchenrat zu stellen, die örtliche Gottesdienstordnung zu ändern, damit gleichgeschlechtliche Paare nach der standesamtlichen Eheschließung den kirchlichen Segen auch in Rohr-Dürrlewang erhalten können. Vorangegangen ist ein intensiver Entscheidungsprozess innerhalb unserer Gemeinde. Aktueller Anstoß dazu war die Kündigung durch unseren Kantor Stefan Lipka im Januar 2022.
In seiner Wohnortgemeinde Schopfloch, in der er und sein Ehemann Martin Wünsche kirchlich sehr aktiv waren, wünschten sich die beiden eine kirchliche Segnung zum 10. Jahrestag ihrer bürgerlichen Heirat. Da dies dort nicht möglich war. fasste Stefan Lipka den Entschluss, sich beruflich neu zu orientieren. Leider konnte ihn die solidarische Unterstützung sehr vieler Mitglieder aus Kirchen- und Posaunenchor und vieler Gemeindeglieder nicht mehr umstimmen.

Auf Antrag der Chöre gab es dann am 19. Januar 2022 in der Laurentiuskirche einen Diskussionsabend mit Vertretern des Kirchengemeinderates. In einem nachfolgenden Schreiben setzten sich 56 Unterzeichnende aus beiden Chören nachdrücklich dafür ein, gleichgeschlechtlichen Paaren eine Segnung im gottesdienstlichen Rahmen zu ermöglichen.

Uns als KGR war es wichtig, diese Frage sorgfältig und ohne Zeitdruck zu klären. Die Gemeinde wurde an diesem Prozess umfassend beteiligt.
Bei zwei Vortragsabenden mit Diskussion im Oktober 2022 vertraten Pfarrer Dr. Clemens Hägele, der Direktor des Albrecht Bengel-Hauses, und Pfr. Erhard Mayer aus Heilbronn die gegensätzlichen Positionen. In einer Gemeindeversammlung am 12. Januar 2023 hatten alle Gemeindeglieder nochmals die Möglichkeit, in schriftlicher oder mündlicher Form die eigene Sicht dem KGR zu Gehör zu bringen.
Bei den vier sehr gut besuchten Abenden, bei vielen Gesprächen und in Schreiben an die Gemeindeleitung wurde deutlich, wie sehr die Frage der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare viele Gemeindeglieder aufgewühlt hat.
Gleichgeschlechtlich orientierte Personen oder ihre Angehörigen berichteten, wie schmerzhaft und bedrückend es war, wenn sie Ausgrenzung und Ablehnung erlebten. Skeptiker einer Segnung versicherten bei den Diskussionen, dass auch sie niemanden diskriminieren wollen, sich aber ihrem Bibelverständnis verpflichtet fühlen.
Verschiedene Positionen über die richtige Auslegung biblischer Texte standen einander unvereinbar gegenüber. Wiederholt wurde auf Bibelstellen verwiesen, die Homosexualität eindeutig ablehnen (3. Mose 18,22 oder Römer 1,27). Andere argumentierten dagegen, dass die Bibel teilweise in sich widersprüchlich ist und deshalb nicht buchstäblich, sondern im Geist Jesu (2. Kor. 3,6) zu interpretieren sei.
In der Bergpredigt würde Jesus selbst einige traditionelle, bis dahin gültige Gebote der Bibel neu interpretieren (vgl. Matthäus 5 – 7). Auf dieser Grundlage hätten evangelische Landes- und viele Freikirchen nach seinerzeit heftigen Diskussionen Frauen zum Pfarrdienst und zum Bischofsamt zugelassen, obwohl das dem Wortlaut von 1. Kor. 14,34 widerspricht.

Uns als KGR ist es wichtig, dass wir uns in der Gemeinde –trotz der unterschiedlichen Positionen in einer theologischen Frage – weiterhin in Achtung und Respekt begegnen. (Römer 12, 9 ff).
Für uns Christen findet jeder selbstgerechte Wahrheitsanspruch seine Grenze in der Selbstaussage von Jesus: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ (Johannes 14,6).

Gefreut hat uns, dass Befürworter und Skeptiker bei den Diskussionen einvernehmlich klargestellt haben, dass in unserer Gemeinde alle Menschen herzlich willkommen sind, welcher Lebensform oder sexuellen Identität sie sich auch zugehörig fühlen.

 

Im Namen aller zwölf Mitglieder des Kirchengemeinderates, Pfarrer Thomas Rumpf